7. Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“ | 11. November 2023
Am 11. November 2023 versammelten sich knapp 70 Teilnehmende aus verschiedenen Gesundheits- und Sozialberufen an der Universität Witten/Herdecke zum 7. wissenschaftlichen Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Ziel war der fachliche Austausch und die Weiterbildung im Bereich der Gesundheitsversorgung vulnerabler Patient:innengruppen. Unter den Teilnehmenden waren sich Hausärzt:innen, Medizinstudierende und Angehörige anderer Gesundheitsberufe. Die Veranstaltung wurde diesmal vom Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke organisiert.
Zu Beginn des Kongresses wurden die Teilnehmenden dazu eingeladen, folgende Frage schreibend zu reflektieren: „Wenn Sie an Ihre Patientinnen und Patienten denken: Welche Familie in vulnerabler/prekärer Situation kommt Ihnen in den Sinn? In Bezug auf Armut, Stigma, oder Tabu?“ Damit sollte ermöglicht werden, das Thema des Kongresses erfahrungsgesättigt und unter Einbezug der Schwarmintelligenz aller Teilnehmenden zu diskutieren.
Den Auftakt des Kongresstages übernahm Prof. Dr. Till Hasenberg, der in seinem Vortrag „STIGMA – Adipositas per magna“ nicht nur die medizinischen Aspekte der Adipositas beleuchtete, sondern auch auf die gesellschaftlichen Vorurteile und Stigmata einging, denen adipöse Menschen begegnen. Anschließend setzte Prof. Dr. oec. troph. Eva Münster mit „TABU – Überschuldung“ den Fokus auf das oft tabuisierte Thema Überschuldung und beleuchtete die Verbindung zwischen finanzieller Belastung und Gesundheit. Prof. PH Patrick Brzoska erörterte in „DIVERSITÄT – Migration“ die Herausforderungen im Umgang mit Diversität in der Gesundheitsversorgung, wobei er auf Rassismus, Zugangsbarrieren zu Gesundheitsinformationen und Disparitäten in der Nutzung von Gesundheitsdienstleistungen einging.
Die Impulsvorträge bildeten den Kern für die folgenden interaktiven Workshops. Besonders hervorzuheben waren die Keynote Lecture sowie der Workshop zu „Positive Health“ unter Leitung von Machteld Huber & Karolien van den Brekel aus den Niederlanden. Hier hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, die vorgestellten Konzepte aktiv zu diskutieren und im ersten Schritt auch für sich selbst anzuwenden. Machteld Huber betonte dabei stets, dass „Positive Health“ nicht nur medizinische Aspekte, sondern auch psychosoziale und kulturelle Aspekte der Gesundheit berücksichtigt. Das Konzept zielt darauf ab, die Gesundheit und Lebensqualität zu fördern und wird in den Niederlanden bereits erfolgreich umgesetzt.
Zusätzlich zu den Vorträgen gab es 16 wissenschaftliche Poster, die sich mit der Kongressthematik beschäftigten. In einer speziellen Poster-Session erhielten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich über aktuelle Forschungsergebnisse auszutauschen und vertieft in die Thematik einzusteigen. Ein Posterpreis wurde für das Poster mit dem Titel „Arztbesuch ohne Krankenversicherung? Eine explorative Querschnittsstudie zur gesundheitlichen Lage und medizinischen Versorgung von Betroffenen in Deutschland“ von Anke Dickmann et al. (ifam, chs, Universität Düsseldorf) verliehen. Dieses praxisnahe Forschungsprojekt beleuchtet die gesundheitliche Situation von Menschen ohne Krankenversicherung in Deutschland und stellt einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über den Zugang zur medizinischen Versorgung für sozial benachteiligte Gruppen dar. Hier findet sich das Abstract zum Posterpreis bei eGMS.
Der Kongress endete in einer Atmosphäre des kollegialen Austauschs und der Erkenntnis, dass eine umfassende Familienmedizin nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch soziale Sensibilität und Diversitätsbewusstsein erfordert.
Die Veranstaltung wurde von der Ärztekammer Westfalen-Lippe zertifiziert.
Hier finden Sie das detaillierte Programm mit Kurzvorstellungen der Referentinnen und Referenten sowie Beschreibungen der angebotenen Workshops.
Ausgerichtet wurde dieser Kongress vom
Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag) der Universität Witten/Herdecke.
Programmkomitee
Prof. Dr. med. Achim Mortsiefer / Susanne Kersten (iamag)
Prof. Dr. med. Stefan Wilm / Dr. disc.pol. Vera Kalitzkus (ifam)